Lebensraum für Wildbienen und Insekten schaffen

Webinar der Grünen im Oberen Murrtal und der Fraktion MDAL / Die Grünen in Murrhardt hatte Bienen und Wildbienen im Fokus

Gärten und Wiesen, in denen es nicht mehr summt, Windschutzscheiben, die im Sommer sauber bleiben: Der Rückgang der Insekten ist überall spürbar und als dramatisch zu bezeichnen. Das erfolgreiche Volksbegehren „Rettet die Bienen“ in Bayern zeigt, dass diese besorgniserregende Entwicklung immer mehr Menschen aufrüttelt. 

Dies war auch beim vergangenen Online-Webinar der Fraktion MDAL / Die Grünen und Bündnis 90 / Die Grünen Oberes Murrtal zu spüren. Als Referentin trat Sabine Holmgeirsson, Nabu-Fachbeauftragte für Wildbienen und Pflanzenschutz auf.

Als Bestäuber bilden die Insekten die Grundlage für unser Nahrungsnetz. „Insekten sind Dienstleister für uns Menschen“, unterstrich Sabine Holmgeirsson. Als wesentliche Ursachen für das Insektensterben führte sie eine ganze Reihe von Faktoren an: Landschaftsstrukturwandel und Pflanzenschutzmittel gehören ebenso dazu wie künstliche Lichtquellen und der Klimawandel. „Wir haben in Summe viele Probleme, die zum Insektensterben führen“, konstatierte die Expertin. „Sie alle sind menschengemacht.“ Ein zentrales Problem ist der Lebensraumverlust, zu dem der Rückgang der Streuobstwiesen und naturferne Schottergärten massiv beigetragen haben. „Die Leute wollen Bäume, die keinen Dreck machen – das hat mit Natur nichts mehr zu tun“, kritisierte die Referentin. Daher freut es die Referentin auch, dass Schottergärten nach der Landesbauordnung in Baden-Württemberg mittlerweile verboten sind. 

„Der Insektenschwund ist in aller Munde“, erklärte Ralf Nentwich, der zusammen mit Henrik Jäger die Moderation des Webinars übernahm. Nentwich sieht neben den privaten Gärten vor allem auch die Kommunen in der Verantwortung.  „Kaum grünt und blüht es an Straßen- und Wegrändern, sind in Kommunen und Städten die ersten Mulchmäher unterwegs. Diese modernen Maschinen leisten ganze Arbeit – alles was in ihr Schneidwerk gerät, wird kurz und klein gehäckselt. Wo Artenvielfalt herrschen könnte, hinterlassen die Mulcher wahre Todeszonen. Wir fordern deshalb alle Kommunen auf, in Zukunft auf das Mulchen zu verzichten und stattdessen kluge Mähkonzepte zusammen mit den örtlichen Naturschutzverbänden zu entwickeln.

Sabine Holmgeirsson bestätigte in ihrem kurzweiligen Vortrag ebenfalls die Bedeutung von durchdachten und abgestimmten Mähkonzeptionen für mehr Artenschutz und gab zu Beginn des Webinars einen Überblick über die heimische Insektenwelt und ihre Lebensräume. „Insekten leisten einen wichtigen Beitrag zur Ernährungssicherheit der Menschen“, erklärte sie. 80 Prozent aller Nutz- und Kulturpflanzen und 90 Prozent aller Wildpflanzen würden durch Honigbienen, Wildbienen und Insekten bestäubt. Studien geben Aufschluss über den Rückgang der Insekten-Biomasse und zahlreicher Arten. „Leugnen kann man das gewiss nicht mehr“, so die Expertin. Von rund 580 Wildbienenarten in Deutschland stünden 50 Prozent auf der Roten Liste. „Es ist wirklich eine große Vielfalt, die uns da verloren geht.“

Jede Gemeinde sollte nach Holmgeirsson ein Pflegekonzept für ihre Flächen erstellen. Diese sollten auf der Turnusmahd aufbauen. Das bedeutet, dass Randstreifen oder Flächen abwechselnd gemäht werden, so dass immer etwas stehen bleibt für Insekten und Vögel – auch im Winter.

Straßenränder, Feld- und Waldwege sowie Ackerraine können wichtige Strukturen zur Biotopvernetzung in der Landschaft darstellen. Um diese Funktion übernehmen zu können, dürfen sie jedoch weder mit Pestiziden gespritzt noch gemäht werden. Wo im Sommer durch mehrmaliges Mulchen das Blüten- und Nahrungsangebot für viele Insekten fehlt, ist dies im Herbst und Winter auch als Lebensraum zur Überwinterung nicht vorhanden.

Bestimmte Bereiche an Straßen und Wegrändern müssen natürlich aus Gründen der Verkehrssicherung teilweise intensiver gepflegt werden. Wichtig ist daher, die Abschnitte an den Straßen zu identifizieren, die extensiv gepflegt werden können. So könnten zum Beispiel viele Böschungen nur einmal pro Jahr gemäht werden, was ausreicht, um den Gehölzaufwuchs zu verhindern. Auch durch wechselseitiges Mähen der Straßenseiten kann sichergestellt werden, dass nicht schlagartig die kompletten Blütenpflanzen und damit das Nahrungsangebot für viele Insekten wegfällt.